Zum Seiteninhalt springen

Gedanken zum Pfingstfest

„Ich hab’s! So geht’s!“ Manchmal kommt von irgendwo her ein Geistesblitz. Eine Idee, ein guter Gedanke scheint plötzlich wie aus dem Nichts aufzutauchen. Gleichzeitig mache ich die Erfahrung, dass der Appell „Nun sei mal kreativ!“ oder „Nun hab mal eine gute Idee!“ oft das Gegenteil bewirkt. Man kann sie nicht erzwingen, diese Geistesblitze.

Wissenschaftler der Uni in St. Gallen haben mal Ingenieur:innen befragt, in welchen Situationen sie weiterführende Ideen, Geistesblitze haben. Nicht am Schreibtisch oder Laptop, lautete das Ergebnis. Die meisten Geistesblitze kamen im Urlaub, beim Duschen, Zähne putzen oder beim Spazierengehen.

Gute Ideen, Geistesblitze brauchen anscheinend Freiraum - und keinen Druck. Wie schön, dass wir Pfingsten haben! Ein langes Wochenende und ein Fest, bei dem nicht soviel zu tun ist: Es müssen keine Eier gesucht und keine Geschenke gekauft werden. Die Zahl der betrieblichen Pfingstfeiern geht gegen Null. Außerdem ist Pfingsten ja sowieso das Fest des Geistesblitzes.

In der Bibel wird erzählt wie die Freundinnen und Freunde Jesu nach seiner Himmelfahrt zusammen sind und anscheinend etwas unschlüssig darüber sind, wie es weitergehen kann und soll.

Sie bleiben unter sich, sind ängstlich und haben keinen Blick für die Zukunft. Und auf einmal, als sie wieder mal zusammen sitzen, kommt – wie aus dem Nichts – der Geist Gottes über sie. Dieser wird beschrieben wie ein Wind, der plötzlich aufkommt. Und etwas „wie Flammenzungen“ setzt sich auf sie.

Die Folge dieses Geistesblitzes ist, dass die Jünger nun in fremden Sprachen sprechen können, bzw. sie von Menschen in der je eigenen Sprachen verstanden werden. Was für ein großartiges Wunder: Menschen hören einander zu und beginnen sich zu verstehen.

Übrigens: Der Geist Gottes taucht nicht erst am Pfingstfest auf. Diese kreative Kraft durchzieht die Geschichten der Bibel von Anfang an. Von ihr heißt es auch, dass sie weht, wo sie will. Sie setzt seit jeher Menschen in Bewegung, bringt Propheten dazu, sich laut und eindrücklich gegen Ungerechtigkeit und Missstände zu positionieren. Sie tröstet, wo Menschen entmutigt in die Zukunft schauen.

Also möge das Pfingstwochenende eines mit viel Freiraum zum Nichtstun sein, an dem wir uns von diesem guten Geist Gottes durchpusten lassen können. Vielleicht taucht dann der ein oder andere Geistesblitz auf, der uns Ideen schenkt, wie wir mehr auf einander hören können. Oder wie es bei uns gerechter und besser zugehen kann für alle. Das wäre dann ein Pfingstfest in bester Tradition!

Pastorin Nicole Witzemann, Seelsorgerin im Diakonie Hospiz Wannsee