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Die moderne Krebstherapie steht heute nicht mehr nur auf den bekannten drei Säulen der Krebsbehandlung, der Operation, Chemotherapie und Strahlentherapie. Vielmehr werden gerade beim Leberzellkrebs auch neuere und speziellere Verfahrensgrundsätze realisiert, nämlich die Organtransplantation, die lokalisierte thermische oder chemische Gewebszerstörung und die als „targeted therapy“ bekannt gewordene Behandlung mit medikamentöser Hemmung von Tumorwachstums-Signal-Übertragungen. Der Ehrlichkeit halber muss aber gerade beim Leberzellkarzinom, das ja nicht selten Menschen ereilt, die gesundheitlich ohnehin schwer vorbelastet sind, auch darüber gesprochen werden, ob nicht weniger mehr ist: Manchmal gehört die Entscheidung gegen eine Therapie und gegen damit verbundene Nebenwirkungen und eingreifende Maßnahmen auch dazu.

Wir erläutern weiter unten einzelne Methoden. Das Prinzip hinter ihrer Anwendung ist, dass man bei Diagnosestellung klären muss, wie fortgeschritten der Krebs ist und wie fit der Patient ist. Am einen Ende der Skala gibt es fitte Patienten mit kleinen Tumoren, die man herausnehmen kann. Ziel ist Heilung. Sehr fitte Patienten mit größeren Tumoren können manchmal eine Chance durch eine Lebertransplantation haben. Am anderen Ende der Skala sind Kranke eingeordnet, deren Leber schon wegen der Zirrhose dabei ist zu versagen, die in schlechtem Allgemeinzustand sind – und für die jede gegen den Krebs gerichtete Behandlung aufgrund ihrer Nebenwirkungen in der Bilanz mehr Schaden als Nutzen anrichten würde.

Chirurgische Therapie

Die chirurgische Therapie besteht in der Entfernung der tumortragenden Anteile des Lebergewebes. In der chirurgischen Therapie beim Leberkrebs eröffnen sich zwei Problemfelder, die die Therapie insgesamt sehr beeinflussen. Ein Problem liegt darin, dass zum Diagnosezeitpunkt bei den meisten Betroffenen bereits eine fortgeschrittene Leberzirrhose vorliegt, d.h. die Leberfunktion ist erheblich reduziert. Wie bei fast jeder Krebsoperation muss auch bei der Leberkrebserkrankung der Tumor mit einem Sicherheitsabstand entfernt werden (med. onkologische Leberresektion), um damit sicher auch alle Krebszellen zu entfernen. Ist nun durch die Zirrhose die Leberfunktion bereits eingeschränkt, so besteht das Risiko, dass es nach Entfernung des Tumors zu einem kompletten Leberausfall kommt und der Patient an den Folgen der Operation verstirbt. Durch eine Teilentfernung der Leber kann eine solche Krebserkrankung geheilt werden, allerdings nur bei gesunder oder leicht reduzierter Leberfunktion. Leider nur für etwa 5 bis 10% der Betroffenen kommt das in Frage.
Ein weiteres Problem liegt darin, dass nach einer erfolgreichen Leberteilentfernung ein hohes Risiko für die Entstehung eines weiteren Leberkrebses in der verbliebenen Restleber besteht. Das Rezidivrisiko, also das Risiko für die Entstehung eines erneuten Krebses im verbliebenen Lebergewebe, liegt über 40%.

Die beiden oben genannten Punkte haben dazu geführt, dass eine Leberteilentfernung heutzutage nur dann empfohlen wird, wenn die Leberfunktion nur leichtgradig eingeschränkt, der Tumor nur an einer Stelle der Leber aufgetreten und nicht größer als 3 cm im Durchmesser ist. Ein solcher Eingriff wird in unserer Klinik häufig durchgeführt. Bei entsprechender chirurgischer Erfahrung ist der Eingriff auch risikoarm. Wichtig für den Chirurgen ist die Kenntnis über die genaue Lage und Verlauf der einzelnen Lebersegmente. Eine relativ häufige Komplikation ist das so genannte Galleleck. Hierbei handelt es sich um einen Austritt von Galleflüssigkeit aus dem Schnittrand der Leber in die Bauchhöhle. Zur Verhinderung dieser Komplikation werden in unserer Abteilung während einer Leberoperation alle Gallengänge an den Schnitträndern sehr genau aufgesucht und separat verschlossen. Darüber hinaus werden nach Entfernung des Tumors die Schnittränder mit einem speziellen Kollagenvlies abgedeckt, wodurch die durchtrennten Gallengänge zusätzlich versiegelt werden.

Eine weitere Möglichkeit zur Behandlung einer Leberkrebserkrankung ist die Lebertransplantation. Eine Lebertransplantation bietet den Vorteil, dass nicht nur der Leberkrebs, sondern auch die Leberzirrhose behandelt wird. Allerdings herrscht in Deutschland ein erheblicher Mangel an Spenderorganen, so dass die Wartezeit für eine Spenderleber lang ist und während dieses Zeitraums der Leberkrebs weiter fortschreitet. Ein weiteres Problem besteht darin, dass nach einer Lebertransplantation spezielle Medikamente gegeben werden müssen, damit die neue Leber nicht durch das eigene Immunsystem abgestoßen wird. Diese Medikamente unterdrücken aber nicht nur die körpereigene Immunabwehr, sondern auch die körpereigene Krebsabwehr. Dadurch steigt das Risiko, dass es bei fortgeschrittenen Tumorstadien zu einer rapiden Ausbildung von Metastasen und einem erneuten Tumorwachstum in der Spenderleber kommt. In der Konsequenz bedeutet dies, dass eine Lebertransplantation auch nur in frühen Tumorstadien durchgeführt wird und zwar dann, wenn maximal 3 Tumore in der Leber nachweisbar sind, die einen Durchmesser von 3 cm nicht überschreiten dürfen oder ein einzelner Tumor vorliegt, der nicht größer als 5 cm ist (med. Milan-Kriterien).

Medikamentöse Therapie: Sorafenib

In der Behandlung von Leberkrebs haben sich Chemotherapien, die als Tropf in das Venensystem gegeben werden, als überwiegend erfolglos gezeigt. Das typische Bild, dass manche Gesunde von Chemotherapie haben, trifft hier also sowieso nicht zu. Es werden keine Tropflösungen in die Vene gegeben, die zu Erbrechen und Haarausfall führen.Vielmehr sind für Patienten mit fortgeschrittener nicht mehr zu operierender Tumorausbreitung, aber auch mit noch nicht zu schlechter allgemeiner Fitness und Leberfunktion [Leberzirrhose nicht schlechter als im Stadium A der Einteilung nach Child-Pugh], moderne Medikamente auf dem Vormarsch, die in Tablettenform angeboten werden. Es handelt sich um Vertreter einer recht neuen Generation von Wirkstoffen, den sogenannten Tyrosin-Kinase-Inhibitoren. Das sind kleine Moleküle, die sich als verfälschte Bindungspartner in Signal-Moleküle klemmen, die eigentlich aktiviert werden sollen, um ein Wachstumssignal in der Zelle zu übertragen. Bildlich: Die Information „Krebszelle, du sollst dich teilen und vermehren“ wird blockiert. Damit können Krebsknoten verkleinert werden und Symptome gebessert und Lebenszeit gewonnen werden. Diese Medikamente haben zu Verbesserungen geführt, aber auch sie sind nicht ohne Nebenwirkungen, und man muss sie genau steuern. Aktuell gibt man den Wirkstoff Sorafenib.

Lokale medikamentöse Therapie TACE

Durchgesetzt haben sich vor allem die lokalen Therapieformen. Hierbei wird mit einem kleinen Schlauch (med. Katheter) eine Arterie in der Leiste punktiert. Der Katheter wird dann unter Röntgenkontrolle bis in eine kleine Leberarterie vorgeschoben, die das tumortragende Lebersegment mit Blut versorgt. Über den Katheter wird dann ein Zellgift [üblich sind die Medikamente Doxorubicin, Mitomycin und Cisplatin] direkt in den Tumor injiziert. Weil es gar nicht erst mit dem Blut in den Venen verdünnt wird, gelangt es in einer unübertroffen hohen Konzentration in den Tumor. Zusätzlich werden über den Katheter Substanzen eingebracht, die die Arterie des tumortragenden Lebersegmentes verschließen, wodurch der Tumor letztendlich „ausgehungert“ wird. Medizinisch wird dieses Verfahren als TACE (Abkürzung für transarterielle Chemoembolisation) bezeichnet. Die Nebenwirkungen dieses Verfahrens sind gering und es kann hierdurch bei bis zu 50% der Betroffenen eine Remission, d.h. ein länger andauerndes Nachlassen der Tumoraktivität, teils über mehrere Jahre, erreicht werden.

Lokale Wärmetherapie, Bestrahlung und nuklearmedizinische Optionen

Eine weitere Möglichkeit zur effektiven Tumortherapie besteht in der so genannten RFA (med. für Radiofrequenzablation). Hierbei wird im Rahmen einer Computertomographie (oder kontrolliert durch Ultraschall) der Tumor mit einem Spezialkatheter punktiert. Über einen Hochfrequenzstrom wird der Tumor durch die an der Katheterspitze entstehende Hitze zerstört. Kommt es zu einem Rezidiv, also Wiederkehren des Tumors, kann die RFA auch wiederholt werden.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer Strahlentherapie. Das Feld der sogenannten „Radiosurgery“, also von Verfahren, bei denen Krebsknoten direkt durch sehr hoch dosierte und millimetergenau fokussierte Gammastrahlen verbrannt werden sollen, ist sehr neu, aber viel versprechend. In der Therapie des Leberzellkrebses ist es noch nicht etabliert, aber es mag Fälle geben, in denen man nicht punktieren kann, und in denen diese berührungslose Behandlungsform Vorteile hat. Im Albertinen arbeiten wir mit einer Reihe hervorragend ausgestatteter Strahlentherapien zusammen, die solche Optionen anbieten. Wichtig ist, dass für jeden Patienten in der Tumorkonferenz beraten wird, welche Vorgehensweise im Einzelfall die beste ist.

Ebenfalls zu bedenken, aber beim Leberzellkrebs weit entfernt davon, vollends wissenschaftlich erforscht zu sein, ist eine nuklearmedizinische Technik, die SIRT (Selektive intraarterielle Radiotherapie). Hier werden über einen kleinen arteriellen Katheter schwach radioaktive Partikel in das tumortragende Lebersegment eingebracht. Bei diesem Verfahren wird der Tumor dann nicht durch ein Chemotherapeutikum oder durch Wärme, sondern durch eine schwache Radioaktivität zerstört. Die radioaktiven Strahlen (meist wird Yttrium als Strahler verwendet) haben eine Eindringtiefe von wenigen Millimetern, die strahlenden Partikel sammeln sich in Tumorgefäßen, und im Effekt wird umliegendes Gewebe ausreichend wenig getroffen. Wenn man in der Auswahl der Patienten darauf achtet, dass die Funktionsreserve der Leber ausreicht, ist es nebenwirkungsarm und sicher. Das Verfahren ist im Raum Hamburg verfügbar und wir würden Patienten, für die es geeignet ist, weiterschicken.

Zusammenfassung

Leberzellkarzinome entstehen, wenn Zellen der Leber krebsig entarten. Sie bilden sich am häufigsten auf dem Boden einer Leberzirrhose, welche in den meisten Fällen durch Hepatitis-Viren und übermäßigen Alkoholkonsum begünstigt wird. Durch die Leberzirrhose sind die chirurgischen Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Durch moderne und relativ nebenwirkungsarme lokale Chemotherapien kann ein Fortschreiten des Krebses in vielen Fällen über längere Zeiträume verhindert werden.